Soziale Netzwerkanalyse als Wissensmanagement-Werkzeug (SNA als KM-Tool)

Unser Ansatz

Die Netzwerkanalyse, wie wir sie hier für unsere Zwecke verstehen wollen, ist eine Methode zur Analyse der Beziehungsnetzwerke zwischen Menschen auf individueller und aggregierter Ebene (z.B. Teams, Abteilungen, Standorte, Organisationen). Dieser Ansatz zielt auf die Beschreibung von Strukturen und Positionen aus einer Netzwerkperspektive. Interaktionsbeziehungen zwischen Netzwerkmitgliedern, sogenannten Akteuren, wie Individuen oder Organisationen, werden durch eine präzise und systematische Analyse beschrieben, die nicht angemessene Vereinfachungen der Komplexität zu vermeiden versucht. Dieser Ansatz bleibt zunächst auf einer rein deskriptiven Ebene. Dennoch gehen wir mit unseren Methoden und Anwendungen über die reine Deskription des Ist-Zustandes hinaus und stellen auf Basis unserer Analyse Empfehlungen und Werkzeuge für Interventionen in der Praxis und weitere systematiche Folgeaktivitäten zur Verfügung, um die Netzwerkakteure, ihre Beziehungen und Netzwerkstrukturen in Bezug auf die Wissenskommunikation zu verbessern.

Zur Sozialen Netzwerkanalyse

Das Paradigma der sozialen Netzwerkanalyse ist ein Forschungsansatz der Soziologie, der mit der Gründung der International Society of Social Network Analysis (INSNA) im Jahr 1978 durch Barry Wellman und die beiden Journals “Connections” und “Social Networks” sowie die jährliche “Sunbelt International Conference on Social Network Analysis” bereits seit den späten 1970er und frühen 1980er Jahren in der Wissenschaftslandschaft fest etabliert ist. Wenn auch ein originär sozialwissenschaftlicher Forschungsansatz, war die soziale Netzwerkanalyse von Anfang an stets offen für und stark beeinflusst von anderen Disziplinen – und umgekehrt. Nach Scott (1991: 7-38) beruht die soziale Netzwerkanalyse hauptsächlich auf drei Forschungstraditionen.

Erstens ist die soziale Netzwerkanalyse von den beiden Ansätzen aus der Sozialpsychologie geprägt: Kurt Lewins field theory (Lewin 1936, 1951) und Jacob Morenos Soziometrie (Moreno 1934).

Zweitens beruht die soziale Netzwerkanalyse in ihrer heutigen Form auf der Untersuchung von Mustern interpersonaler Konfigurationen und der Bildung von “Cliquen”, wie sie an der Harvard University während der 1930er und 1940er Jahre entwickelt wurde. Die Haupteinflüsse aus dieser Tradition stammen von Radcliffe-Brown (1965 (1952)) und seinem Forschungsteam (und durch sie wiederum auch Durkheim). Sie untersuchten die “informal relations” in großskaligen System (wie z.B. Organisationen oder Städte) und das Phänomen von Subgruppen oder “Cliquen-Bildung”.

Drittens war die aktive Feldarbeit des Department of Social Anthropology of the University of Manchester für die soziale Netzwerkanalyse von Bedeutung, unter ihnen John Barnes und Clyde Mitchell, die wiederum selbst von der Forschung von Radcliffe-Brown inspiriert wurden. Während der frühen 1960er Jahre untersuchten sie Merkmale und Qualität individueller Beziehungen in Sozialsystemen, ihre Reziprozität, Dauer und Intensität, wobei sie Konflikt und Wandel anstelle von Integration und Kohäsion betonten. Ihre Argumentation gewann in England besonderen Einfluss, auch wenn es schliesslich in Harvard war, wo der eigentliche Durchbruch der sozialen Netzwerkanalyse stattfand. Harrison White und seine Kollegen “produced a torrent of papers which firmly established social network analysis” (Scott 1991: 33). Die breite öffentliche Wahrnehmung des Artikels von Mark Granovetter, “The Strength of Weak Ties” (Die Stärke schwacher Beziehungen) aus dem Jahr 1973, der im American Journal of Sociology publiziert wurde, hat die soziale Netzwerkanalyes schliesslich populär gemacht und zahlreiche weitere Studien hervorgerufen.

Zusätzlich zu diesen von Scott (1991) zitierten Traditionslinien der sozialen Netzwerkanalyse wirft die Konzentration auf Kommunikationsprozesse in Netzwerken eine weitere historische Entwicklungslinie ins Rampenlicht, nämlich Ansätze aus der Kommunikationswissenschaft (vgl. auch Schenk 1984: 270-317). Kommunikationswissenschaftliche Ursprünge der Netzwerkanalyse finden sich insbesondere im Modell des “two-step flow of communication” von Lazarsfeld et al. (Lazarsfeld et al. 1965 (1944): 151-152, Katz and Lazarsfeld 1955: 32-34). Sie haben herausgefunden, das interpersonale Kommunikation eine wichtige Rolle spielt durch die Diffusion von Informationen durch sogenannte Meinungsführer (“opinion leaders”). Während das ursprüngliche Modell des “two-step flow of communication” lediglich direkte Beziehungen zwischen einem Set von Personen (Meinungsführer und andere) berücksichtigt, wurde dieses Modell hinsichtlich komplexerer Netzwerkstrukturen erweitert, die auch indirekte Beziehungen der Netzwerkakteure einbeziehen. Einflüsse des Meinungsführer-Konzepts finden sich bis heute in den Diskussionen zu Broker- und Gatekeeper-Positionen in Netzwerkstrukturen.

SNA als KM-Tool

Eine ganze Reihe von Literatur untersucht informelle Netzwerke und Gemeinschaften und ihre Rolle im Wissens- und Innovationsmanagement (z.B. Armbrecht et al. 2001, Brown and Duguid 1991, Collinson and Gregson 2003, Jain and Triandis 1990, Lesser 2001, Liyanage et al. 1999, Mertins et al. 2003, Nahapiet and Ghoshal 1998, Wenger 1999, Zanfei 2000). Die Diskussionen um Netzwerkstrukturen in der Management-Literatur wurden vor allem von Drucker (1989) und Savage (1990) beeinflusst. Alle genannten Autoren betonen die Bedeutung von Netzwerken für den Wissenstransfer bzw. die Wissensteilung. Organisationen, die sowohl ihre interne wie auch ihre externen Netzwerke entwickeln, werden als effektiver im Umgang mit Wissen betrachtet (vgl. Kanter 2001).

Doch trotz all der Untersuchungen und Literatur, die Communities und Netzwerke als effektive Umgebungen für den Transfer von Wissen in den Mittelpunkt stellen, gibt es kaum systematische Methoden für die praktische Anwendung zur Identifizierung von Wissensgemeinschaften und Wissensnetzwerken, für die Analyse ihrer Strukturen und ihre effektive Unterstützung. Hier kommt nun unser Ansatz der sozialen Netzwerkanalyse (SNA) als effektives und effizientes Wissensmanagment-Werkzeug ins Spiel. Die soziale Netzwerkanalyse bietet einen grundlegenden Ansatz als Werkzeug zur Expertenlokalisierung und zur Unterstützung des Wissenstransfers sowie für Modelle zu ihrer Interpretation und Methoden zur Intervention. Die soziale Netzwerkanalyse stellt eine klare analytische Fundierung zur Implementierung praktischer Methoden für die Wissenskommunikation und das Wissensmanagement bei der Analyse informeller Gemeinschaften und Netzwerke dar.

Unsere an Ihre spezifischen Bedürfnisse angepasste Anwendung der sozialen Netzwerkanalyse berücksichtigt Ihre konkreten praktischen Anforderungen an ein strategisches Werkzeug zur Expertenlokalisierung, zur Identifizierung Ihrer Wissensgemeinschaften und Communities of Practice (CoPs) sowie zur Analyse der intra- und interorganisationalen Wissensflüsse in Ihrem Unternehmen. Unsere Methode evaluiert die Verfügbarkeit und Verteilung des erfolgskritischen Wissens in Ihrer Organisation und unterstützt

  • die strategische Entwicklung Ihres Organisationswissens,
  • den Transfer und die nachhaltige Sicherung Ihres impliziten Wissens,
  • die Entwicklung von Kernkompetenzen (z.B. leadership development),
  • die Verbesserung Ihrer Kommunikationsprozesse,
  • die Identifikation und die Unterstützung Ihrer Communities of Practice (CoP),
  • die Harmonisierung von Wissensnetzwerken (z.B. nach Fusionen und Zusammenschlüssen – M&A),
  • das nachhaltige Management der Beziehungen zwischen Ihren verteilten Standorten und zu Ihren externen Partnern.

Grundlegende Schritte zur Anwendung

Unsere Anwendung der sozialen Netzwerkanalyse zur Evaluation und Unterstützung der Wissenskommunikation in Ihrer Organisation unterteilt sich grundlegend in sieben verschiedene Schritte. Diese grundlegenden Schritte beinhalten:

  1. die Klärung Ihrer Ziele und die Definition des Anwendungsbereichs der Analyse in Ihrer Organisation (Wissensdomäne),
  2. die Entwicklung einer für Ihre spezifischen Bedürfnisse geeigneten Methode zur Datenerhebung,
  3. die Identifikation der Netzwerkakteure,
  4. die Datenerhebung z.B. auf Basis von (Experten-) Interviews, Online-Befragung sowie aus weiteren verfügbaren Informationsqullen (Dokumenten, Protokollen etc.),
  5. die Datenanalyse auf Basis von formalen Methoden der sozialen Netzwerkanalyse,
  6. die Interpretation der Analyseergebnisse,
  7. das Design von Interventionen, Folgeaktivitäten und die Unterstützung durch geeignete weitere Werkzeuge und Methoden.

Sind Sie an unserem Ansatz der sozialen Netzwerkanalyse als Wissensmanagement-Werkzeug interessiert? Dann finden Sie hier Informationen zu unseren Beratungsleistungen, in dieser Buchveröffentlichung oder Sie nehmen am besten direkt persönlichen Kontakt mit uns auf!

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